Ziele
unseres Vereines
Nierenkrank zu sein bedeutet nicht, keine Lebensqualität zu haben. Um das deutlich zu machen, hat Sven Schmidt den Verein „Von und für nierenkranke Kinder und Jugendliche“ gegründet. Der 38-Jährige weiß, worum es geht. Er ist Dialysepatient und wartet derzeit auf seine vierte Spenderniere.
Die Nierenkrankheit soll nicht verharmlost werden, betont Schmidt. Das Leben des nur 1,50 Meter großen, zierlichen Mannes ist eingeschränkt: Während beispielsweise gesunde Erwachsene täglich etwa 2,5 Liter trinken sollten, muss Schmidt sich auf einen halben Liter beschränken, weil alle Flüssigkeiten „gereinigt werden müssen“. Wenn er mit Freunden unterwegs ist und die etwas trinken, „dann lutsche ich an Eiswürfeln – aber ich bin dabei“. Auch sein „Trockengewicht“ liegt mit 41 Kilogramm weit unter dem der Fliegengewicht-Klasse von Boxern.
Seine Krankengeschichte liest sich dramatisch. Sie beginnt wenige Tage nach seiner Geburt im Oktober 1978. Wegen eines Knicks im Harnleiter kann der Urin nicht ausgeschieden werden. Untersuchungen werden angestellt, Diagnosen diskutiert. Dabei verrinnt wertvolle Zeit, innerhalb derer der Urin in die Nieren zurückläuft und diese irreparabel vergiftet. Als der Junge vier Jahre alt ist, beginnt die Bauchfelldialyse, bei der ein Katheter in die Bauchhöhle operiert wird, der für die kontinuierliche und schonende Blutreinigung sorgt. Mit sieben erhält Sven Schmidt an der Uni-Klinik Heidelberg seine erste Spenderniere. Doch der Körper nimmt das Organ nicht an. Möglicherweise sei die Spenderniere eines verunglückten Jugendlichen zu diesem Zeitpunkt schon zu geschädigt gewesen, sagt Schmidt. Der Versuch dauert vier Wochen. Dann entscheiden die Ärzte, dass der Junge wieder dialysiert werden muss.
Am Rosenmontag 1988 ist die zweite Spenderniere für ihn gefunden. Da steht er gerade mit seinem Vater auf einem Fastnachtswagen, als der Großvater angelaufen kommt und ihm die erlösende Botschaft zuruft. Die Familie startet sofort nach Heidelberg. Aber auch diesmal reagiert der Körper zunächst ablehnend, doch der Junge wird medikamentös so eingestellt, dass die Niere zu arbeiten beginnt. Mehr als fünf Jahre.
Während das Organ funktioniert, wirken sich indes die ebenfalls notwendigen enormen Kortisonmengen aus. Er wächst kaum, ist aufgeschwemmt und dick. Zudem hat das Kortison die Hüftpfannen derart angegriffen, dass der Heranwachsende kaum laufen kann. Also werden die Tabletten abgesetzt, die Niere versagt. Mit 15 Jahren musste Schmidt erneut an die Dialyse.
Klar war das oft zum Heulen, erinnert er sich. „Warum gerade ich? Warum jetzt? Warum wird’s nicht besser?“ Das sind die Fragen, die ihn damals umtrieben und auf die er keine Antworten fand. Zwar streckt er sich mit Wachstumshormonen um 13 auf jetzt 150 Zentimeter, aber sein Allgemeinzustand verschlechtert sich. Nur, aufgeben kommt für den Jungen nicht in Frage. Im Gegenteil: Für einen gesunden Menschen sei das vielleicht nicht nachvollziehbar, sagt Schmidt. Aber als chronisch krankes Kind entdeckt er auch Interessantes und Spannendes im Krankenhaus. Zum Beispiel, als er in der Heidelberger Uniklinik am Bildschirm eine Nieren-Transplantation mitanschauen darf. Da habe er gemerkt, „krank sein ist schlimm und schön zugleich“.
Und es ist sehr kräftezehrend – nicht nur für den Patienten. Zu jedem Krankenhausaufenthalt begleiten ihn seine Eltern. Bei jeder Dialyse, die anfangs nur in Frankfurt durchgeführt werden kann, ist seine Mutter dabei. Erst mit 16 Jahren kann Schmidt im Dialysezentrum, das damals in der Holzheimer Straße war, behandelt werden. Das ist angenehmer, weil es näher bei seinem Wohnort Dehrn liegt, berichtet er. Insofern sei der Wechsel des Behandlungsortes eine Erleichterung, die man positiv sehen müsse. „Das gilt auch für die jungen Patienten von heute.“ Zwar können die Kleinen noch immer nicht in Limburg dialysiert werden. Aber „sie haben eine Perspektive“.
Der heranwachsende Dialysepatient Schmidt hat allerdings mit 16 Jahren bereits so abgebaut, dass er dringend ein neues Organ braucht. Die Mitglieder seiner Familie kommen nicht in Betracht. Die Nieren von Vater und Mutter sind nicht kompatibel, der Bruder hält die psychische Belastung nicht aus. Ein Jahr wartet der Patient darauf, seine dritte Spenderniere zu bekommen. Das Warten lohnt sich. Er bekommt eine „Fullhouse-Niere“, sagt Sven Schmidt. Das bedeutet, elf von zwölf Parameter passen. Ein Glückstreffer, der 20 Jahren halten wird.
Bis zum Frühjahr 2016 geht es ihm überwiegend gut. Dann verschlechtern sich die Werte rapide. Schmidt droht, ins Koma zu fallen. Die Spenderniere muss entfernt werden. Er ist wieder Patient im Limburger Dialysezentrum. Dreimal pro Woche wird sein Blut gereinigt. An den Tagen dazwischen arbeitet er in einem Vermessungsbüro in Runkel. „Es geht mir gut“, sagt er. Seit Kurzem sei er in Heidelberg für seine vierte Nierentransplantation „gelistet“. Eine Chance auf die Einpflanzung eines intakten Organs hat er noch. Dass es die letzte sein wird, ist ihm klar. „Wenn die neue Niere nochmal zehn Jahre oder ein bisschen länger hält, bin ich über 50.“ Da wird es keine weitere Transplantation mehr geben. Aber das ist Zukunft. Im Jetzt „geht es mir sehr gut“, sagt Sven Schmidt.
Nun ist es soweit, wir haben durch die Unterstützung vom Notar Ahäuser in Limburg die Gründung unseres Vereines beurkundet!
Limburg 25.01.2017